Prolog
Die
Sonne ging langsam hinter dem Horizont unter. Verzweifelt versuchte
sie ihre letzten Strahlen aufrechtzuerhalten. Sie kämpfte bis zur
letzten Stunde gegen die Dunkelheit an, bis sie schließlich doch
verschwand und mit ihr auch der letzte Funken Hoffnung, der noch in
mir verweilte. Seit ich vom Tod meiner Mutter in Erfahrung gebracht
wurde, war es, als wäre ein Teil von mir selbst gestorben. Ich saß
nun dort, im Krankenzimmer meiner Mutter, wo sie ihre letzten Worte
gesprochen hatte, die folgendermaßen lauteten: >>
Sion digor de lase!<<.
Die Worte schwirrten in meinen Kopf herum, wie Fliegen um einen
Obstkorb. Es gab zwei Möglichkeiten, was diese Worte bedeuten
konnten! Entweder, sie waren eine Sprache, die ich nicht kannte und
bedeutete so etwas wie war
nett deine Mutter zu sein!
Oder meine Mom war einfach nur verrückt.
Das alles dachte
ich, als ich mit leerem Blick auf dem Bett starrte, auf dem vor nicht
ein mal zwanzig Minuten meine Mom saß und mit mir geredet hatte als
gäbe es keinen Morgen oder Abend mehr! >> Sharon, komm schon
das Auto wartet! Du kannst nicht die ganze Nacht hier
verbringen!<<,
versuchte mich verzweifelt mein Vater zum gehen zu bewegen. Mein Dad
versteckte seinen Schmerz so gut es ging und ich wusste, dass ihn es
sehr schmerzte, hier in diesem Zimmer zu sein, dort wo Sie
ihr
leben ausgehaucht hatte.
Langsam nickte ich
mit dem Kopf und bewegte mich in Zeitlupen Tempo auf Paps zu, der
nahm mich im Arm und flüsterte mir zu, dass alles wieder gut werde.
Das bezweifelte ich stark, denn ich war dabei, als Mutter gestorben
war! Ich hatte alles gesehen! Doch ich wollte meinen Vater nicht mit
dem Angst machen, was ich gesehen hatte. >> glaubst du Mama ist
jetzt dort glücklich, wo sie jetzt ist?<<, fragte ich meinen
Vater mit meiner Kindlichen Stimme einer vier jährigen.
1.
Man sagt, der
sechzehnte Geburtstag wäre ein neues Kapitel wie in einem Buch, ein
neuer Schritt zum Erwachsen werden, es wartet die große Liebe auf
einem und noch anderer kitschiger Kram. Doch mein sechzehnter
Geburtstag erinnerte mich nur daran, dass meine Mutter, genau heute
vor zwölf Jahren, aus unerklärlichen gründen, gestorben ist und
genau ihr Todestag ist mein Geburtstag.
Deswegen feierten
wir meinen Geburtstag nie groß. Es würde meinen Vater nur daran
erinnern, dass wir nie wieder mit Mutter solche Momente feiern
konnten.
Meine Mom liebte
Geburtstage, sie sagte immer es sei ein wichtiges Ereignis und ein
Wunder, dass wir noch lebten. So hatte es mir immer mein Vater
erzählt, denn ich konnte mich leider nicht mehr an sie erinnern!
Jetzt fragte ich mich, ob es auch ein Wunder war, dass sie nicht
mehr lebt. Ich lag wach in meinen Bett und dachte daran, wie meine
Mutter gestorben ist, nur leider war ich vier als sie starb und hatte
somit keine Erinnerungen an sie, was mich wiederum frustriert
seufzten ließ. Leise stieg ich aus dem Bett, denn
unglücklicherweise, war mein Zimmer unter das von Vaters und er
hasste es, wenn man ihn vor neun Uhr weckte und, da es Montagmorgen
war, der ein zigste Tag an dem mein Vater nicht arbeiten musste,
hatte er es verdient auszuschlafen. Ich sammelte meine Klamotten vom
Boden auf (ich war nicht gerade für meine Ordnung bekannt) und
wechselte sie mit meinem Pyjama aus. Fertig angezogen, wollte ich
gerade das Zimmer verlassen, als ich vor mein eigenes Spiegelbild
erschrck! Es war manchmal unpraktisch ein Spiegel als Türe zu
besitzen. Immer wenn ich flüchtig zur Tür sah erschreckte ich mich
vor mir selber. Ich musterte mein Spiegelbild: Blaue Augen, braune,
leicht rötliche Haare, mein schmales, aber doch volles Gesicht und
meine dünnen Lippen, die aussahen, als hätte ich roten Lippenstift
drauf geschmiert. Ich war nicht schön, aber auch nicht hässlich!
Ich war klein, dünn und sechzehn Jahre alt. Ein ganz normaler
Teenager!
In der Küche
angekommen machte ich mir erst einmal ein schönes Omelett oder eher
gesagt wollte eins machen, denn als ich in die Küche eintrat schlug
mir schon der frische Duft von Pfannkuchen in die Nase. Mir war klar
irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht! Dad saß auf seinen
üblichen platz neben dem Fenster und las Zeitung, wenigstens das war
noch richtig, abgesehen davon, dass er damit viel zu früh dran war.
Als ich eintrat, sah er kurz von seiner Zeitung auf, seine Wasser
blauen Augen streiften meinen Blick und seine braunen, kurz
geschnittenen Haaren wippten mit, als er mir kaum merklich zum Gruß
dem Kopf nach vorne beugte, dann sagte er mit müder Stimme: >>
Ich hab Frühstück gemacht<<, während er die letzten Worte
vor sich hin gähnte nahm ich neben ihm platz und legte mir einen
Pfannkuchen auf den Teller, und bestrich ihn mit Apfelmus.
>> Ich habe da
eine Kleinigkeit für dich!<<, sagte Papa nach einer gefühlten
Stunde, kratzte sich am nicht vorhandenen Bart und schlenderte
erschöpft zu einem Regal, der neben der Küche im Wohnzimmer im
hintersten eck stand. Daraus nahm er ein, im schönen verschnörkelten
Geschenkpapier verpacktes, Geschenk heraus. Vater schwankte etwas als
er damit auf mich zu ging und mir das Geschenk überreichte. >>
. . .Alles gute zum Geburtstag, Sharon!<<, fügte er hinzu.
Vorsichtig, als hätte ich Angst es kaputt zu machen, nahm ich es in
meinen Händen.
>> Danke!<<,
verwundert drehte ich das Päckchen in meinen Händen umher, um das
Geschenk auch aus allen Seiten zu betrachten. >> Dad. ..!<<,
brach es aus mich heraus als ich sah wie er auf seinen Stuhl kippte,
>> Dad, du hast gestern Abend doch durch gearbeitet, du
solltest wenigstens noch ein oder drei Stunden schlafen!<< Das
Problem an Paps Job war, dass er als Nachtwächter in einem Museum
arbeitete und ich ihn Morgens nie zu Gesicht bekam. >> Aber. .
. <<, fing Papa an.
>> Nichts mit
aber! Du gehst jetzt wieder ins Bett und schläfst noch ein
bisschen!<<, unterbrach ich ihn. Ich hätte nie gedacht, dass
er auf mich hören würde, aber tatsächlich ging er die Treppen hoch
und in sein Zimmer. Ich war etwas stolz auf mich, muss ich zugeben.
Als ich hörte, wie er die Tür zu seinem Schlafzimmer schloss wandte
ich mich wieder den wunderschön eingepackten, Geschenk zu, das warm
und geborgen in meiner Hand lag. Vorsichtig strich ich mit dem
Zeigefinger und den Daumen über die Kanten. Es war samtig weich, das
Geschenkpapier war rosa mit dunkelrotem schnörkeln und einer kleinen
roten schleife in der Mitte verziert. Es war einfach nur wunderschön.
Ich wusste nicht warum, aber ich wollte das Geschenkpapier nicht
kaputt machen, indem ich es zerriss. langsam löste ich den
Klebestreifen an der oberen Kante und achtete sorgsam darauf auch
wirklich nichts zu zerstören. Das gleiche tat ich auch bei der
unteren Kante.
Als ich die beiden
Kanten von den Klebestreifen befreit hatte, schlug ich das Papier
vorsichtig zur Seite und es überraschte mich sehr, was sich darin
verborgen befand!
Es war ein kleiner
goldener Anhänger in Form einer Blume, die an einer Kette hing. Um
genauer zu sein war die Blume eine Kirschblüte. Behutsam legte ich
das Geschenkpapier auf dem Tisch, um noch vorsichtiger die Kette in
die Hände zu nehmen.
Die Kirschblüte war
aus purem Gold und die Sprossen wurden durch kleine Diamantsteinchen
ersetzt einfach nur atemberaubend schön. Ich öffnete den Verschluss
und legte mir die Kette um den Hals. Die Kette passte sich perfekt an
meiner Halskuhle an. Sie schmiegte sich kühl und weich an meine
Haut. Sie war wie für mich gemacht.
Zärtlich strich ich
mit meinen Fingerspitzen über die Kette und wäre fast vom Stuhl
gekippt, als ich Vaters Stimme hinter mir hörte!
>> Sie hatte
früher deiner Mutter gehört! Deine Mutter hat mir gesagt, ich solle
dir die Kette an deinem sechzehnten Geburtstag schenken.<<,
dann fügte er noch für sich selbst hinzu:
>> als hätte
sie gewusst, dass sie nicht mehr an deinem sechzehnten Geburtstag
leben würde!<< Komisch war das allerdings schon. Und warum
ausgerechnet genau an meinen sechzehnten und nicht zwölften
Geburtstag?
Das ergibt doch
überhaupt keine Logik.
>> Papa
solltest du denn nicht noch ein wenig schlafen? Schließlich musst du
Morgen ja wieder spät arbeiten gehen! Und dafür musst du fit
sein!<<, sagte ich zu meinen Vater mit strenger Stimme in dem
Moment, als ich bemerkt hatte, dass er sich schon fast wieder zu mir
gesellen wollte.
>> Ich geh ja
schon, ich geh ja schon!<<, beruhigte mich mein Dad und trat
den Rückzug an.
>> Und Dad?<<,
er drehte sich zu mir um, >> danke!<<, es war ein schönes
Gefühl etwas zu besitzen, was meiner Mutter einst gehört hatte.
>> Bitte!,<<
antwortete er um dann gleich darauf zu verschwinden.
Ich wandte mich nun
voll kommen meinem Frühstück zu und konnte nicht umhin, immer
wieder meine Kette zu berühren. Genau in dem Moment, als meine
Fingerspitzen das glatte Gold betasteten sah ich ein Bild. Ich
konnte, das Bild nicht zuordnen und doch war es so als hätte ich es
schon irgendwo gesehen. . . .
.
. . . Ein kleines Mädchen saß auf einen Baum. Ihre Beine baumelten
über den Boden herab. Sie summte eine Melodie vor sich hin, eine
Melodie, die so schön war, dass die Vögel abrupt aufhörten mir
ihrem Vogelgezwitscher dazwischen zu singen und stattdessen
angestrengt der Kindlichen Stimme lauschten und . . . . .
. . . . .Und die
Szene war schon wieder verschwunden. Überrascht blinzelte ich ins
Sonnenlicht, das so plötzlich in meinen Augen brannte.
Etwas klebriges und
nasses befand sich auf meinen Shirt und als ich auf mich hinunter
sah, wusste ich auch warum.
Mein
Pfannkuchen mit Apfelmus darauf, hatte es sich wohlhabend, auf mein
Shirt bequem gemacht. Na supi, ist ja nicht so als müsste ich zur
Schule gehen und das genau in drei Minuten!
Ach du heilige
Mandarine! Ich musste mich beeilen, wenn ich nicht ärger mit meinen
Lehrer Herr Polter- Bach haben wollte. Er war nicht gerade der
freundliche Typ, wenn es um Pünktlichkeit ging oder eher gesagt war
er nie freundlich. Genervt stand ich auf, polterte (unbeabsichtigt)
die Treppen in mein Zimmer hoch und fummelte im Kleiderschrank nach
einen sauberen T-Shirt. Natürlich hatte mich mein Vater nicht
überhört. Kaum hatte ich ein sauberes Top gefunden, trat Paps in
mein Zimmer ein und fragte mich mit hell wacher Stimme: >> Was
ist denn jetzt los?<< Schnell zog ich mein verdrecktes T-Shirt
aus und schmiss es in die hinterste Ecke meines Zimmers, um mir dann
ein sauberes gelbes Top überzustreifen und dann endlich Papas Frage
zu beantworten: >> Komme zu spät zur Schule, muss mich
beeilen!<<
>> Du kommst
so oder so zu spät, da kommt es auf die eine oder andere Minute auch
nicht mehr an.<<, sagte mein Vater verständnislos. Er hatte
recht! Ich hielt beim Rucksack packen inne.
>> Du hast
recht!<<, sagte ich überflüssiger weise.
>>
Sage ich doch!<<, mein Vater grinste mich an, >> Tja ab
und zu hat der alte Herr auch mal recht!<< Ich verdrehte die
Augen, >> Ach ja und wer soll der alte Herr sein?<<,
neckte ich ihn. Mein Vater sah mich empört an und sagte mit spaßiger
Stimme:>> Tja nicht jeder kann so schlau sein wie du, Miss
ich-weiß-alles-besser!<<
>> Ich gebe
mein bestes!<<, grinste ich ihn zu um dann gleich darauf mein
Rucksack zu packen, ihn mir über die Schulter zu werfen und Vater
noch schnell einen Wangen Kuss gab, dann die Treppe wie eine irre
hinunter raste.
Den
restlichen Schulweg rannte ich mehr als zu laufen, aber das war bei
diesen Umständen auch nicht anders zu bewerkstelligen auch wenn ich
schon mindestens zehn Minuten zu spät dran war, es schadete, wohl
nicht die zehn Minuten in zwei Minuten weniger umzuwandeln. Ich
wollte gerade die Straße hinter mir lassen, als ich von einem
dröhnenden Geräusch abrupt stehen blieb. Und das was ich sah war
nicht gerade der schönste Anblick den ich je gesehen hatte! Ein Lkw
raste mit Höchstgeschwindigkeit auf mich zu und es sah nicht so aus,
als würde er sich bemühen anzuhalten, geschweige denn langsamer zu
fahren. Es gab nur eine Möglichkeit, der Fahrer hatte es vollkommen
auf mich abgesehen! Die Frage war: warum?
Vor
lauter Panik war ich wie erstarrt. Meine Muskeln wurden taub, meine
Kopfhaut fing an zu prickeln, während sich meine Haare vor angst
kräuselten. Verzweifelt versuchte ich irgendwas an meinen Körper zu
bewegen mit nicht großen Erfolg, das ein zigste, dass ich bewegen
konnte war mein Mund denn ich in ein erstauntes, >>Ohh!<<,
verwandelte. Ich konnte nun
verstehen, wie sich es anfühlte starr vor Schreck zu sein, konnte
verstehen, warum die Leute nicht einfach schnell noch auf die andere
Straßenseite rannten, Ich konnte in diesem Moment fast alles
verstehen. Ich verstand sogar auch die Mathehausaufgabe, die ich am
Vortag noch nicht verstanden und deswegen völlig vergeigt hatte. Nur
eines konnte ich nicht verstehen: Wieso wollte mich jemand umbringen?
Wenn der derjenige mich nicht umbringen wollte was sonst? Ich glaubte
nicht, das er mich nicht gesehen hatte, es sei denn der Fahrer war
blind, aber ich bezweifelte stark, dass ein blinder Fahrer zulässig
war!
Es
hätte nicht mehr viel gefehlt und ich wäre platt gefahren, als ein
schwarzer Schatten, wie aus den nichts, auf mich zu sprang mich grob
an den Schultern packte und somit schmerzhaft auf der anderen
Straßenseite zerrte. Es blieb mir keine zeit mich bei meinen Retter
zu bedanken, geschweige denn sein Gesicht zu sehen, denn kaum
berührten meine Knie den harten, steinigen Boden, da war er, es sie
oder was auch immer dieser Schatten auch war, verschwunden. Das Wesen
war weg und mit ihm auch der Lkw.
Was ziemlich
unmöglich war, denn das alles hatte sich innerhalb ein paar Sekunden
abgespielt und es musste doch wenigstens noch etwas vom Lkw und dem
Wesen zu sehen sein. Wurde ich jetzt allmählich verrückt? Oder war
ich nur in einen Film gelandet von dem ich nicht wusste, dass es ein
Film gab mit mir als die Hauptrolle?
Eines stand auf
jeden Fall fest: Ich musste ganz dringend zur Schule!
Vorsichtig stand ich
auf, als erwartete ich jeden Moment, dass der Lkw urplötzlich wieder
auftauchen würde und mich überfahren wollte. Mein Rucksack, der
verlassen auf der Straße lag, hatte was für ein Glück keine
Schäden abbekommen! Ich lief zur Straße und hob ihn auf!
Plötzlich musste
ich mir für meine Dummheit mit der flachen Hand auf die Stirn hauen!
Vor lauter Angst nicht zu spät zur Schule zu kommen, hatte ich ganz
vergessen, dass ich meinen Vater hätte Fragen können, ob er mich
fuhr, dann hätte er mich auch gleich entschuldigen können!
Ich
stöhnte, jetzt verstand ich auch, warum mich mein Dad so
schlau genannt hatte.
Nochmals stöhnte
ich auf begleitet von einem Seufzer meines gleichen.
Jetzt hieß es wohl
zur Schule laufen. Einen Weg, den ich in einer viertel Stunde
geschafft hatte.
2.
Ich
hatte Beschlossen niemanden etwas von meinen kleinen Autounfall
zu erzählen, sie hielten mich
doch dann eh nur für verrückt!
Der
Schultag war genauso stressig, wie ich es erwartet hatte. Kaum
platzte ich ins Klassenzimmer herein, wurde ich mit einem tadelnden
Blick meines Lehrers belohnt Na toll!.
Ich setzte mich an meinen üblichen platz, ganz hinten neben meiner
Freundin Natascha. >> Frag nicht!<<, sagte ich zu ihr
warnend als sie mich mit einem verwunderten blick beobachtete. >>
Ich sag doch gar nichts!<<, erwiderte meine Freundin unschuldig
und wandte sich von mir ab, dabei fielen ihre braunen, lange Haare
geschmeidig über ihre Schultern und wie schon so oft, fragte ich
mich, wie sie es schaffte so seriös zu wirken.
Der
Unterricht zog sich lang wie Kaugummi. Immer wieder schweiften meine
Gedanken zu dem Unfall ab.
Wie konnte der Fahrer mich übersehen haben? Oder hatte er mich gar
nicht übersehen? War ich ein Opfer? Musste ich zur Polizei gehen und
den Vorfall melden?
Nein!, dachte
ich, auf keinen Fall werde ich diesen Vorfall melden!
>> Scharon,
kannst du uns den unterschied zwischen diesen beiden aufgaben
erklären?<<, die frage traf mich so überraschend, dass ich
einige Sekunden lang erschrocken Herr Polter-Bach anstarrte, der sah
mit grimmiger Miene zurück, seine Glatze spiegelte das Licht der
Sonne und ich fragte mich, ob man von seiner Glatze geblendet werden
könnte. >> Wie Bitte?<<, fragte ich, als hätte ich die
Frage nicht verstanden. Die beste Methode Zeit zu schinden, um über
die Aufgabe im voraus zu grübeln, wenn er sie wiederholte. Außerdem
mussten die Lehrer noch einen fiesen Spruch über die Dummheit der
Schüler dazu packen, das bedeutete noch mehr Überlegung zeit. >>
Anstatt Löcher in die Luft zu starren Sharon, solltest du lieber im
Unterricht aufpassen oder hältst du dich für zu schlau um meine
Frage ernst zu
nehmen?<<,
falls mein Lehrer mich schon vorher grimmig ansah, hatte die grimmige
Miene sich nach nur einer Minute zu einer Fratze des Bösen
verwandelt. Nach einer Kunst vollen Pause wiederholte er, dann doch
schließlich die Frage und ich hatte eine zufrieden stellende Antwort
darauf gegeben! Auch wenn ich keine Ahnung hatte, was dieser Satz
bedeuten sollte! Um ehrlich zu sein hatte ich ihn auch schon in
weniger als einer Minute wieder vergessen, aber wer brauchte in Mathe
auch Gleichungen, para-irgendwas und sonst noch Mathematische
Grundrechnungen?
Den restlichen
Schultag verbrachte ich damit, mich vor den Lehrern zu verkrümeln
und möglichst so auszusehen, als würde mich der Unterricht brennend
interessieren.
Denn mir war
aufgefallen, dass wenn man so tat, man interessiere sich für dieses
Fach, wurde man von den Lehrern in Ruhe gelassen, weckte man, aber
den Eindruck es Langeweile den Unterricht einen wurde man
ausgequetscht wie eine Zitrone!
Kaum hatte mir die
Schulglocke ins Ohr geträllert, sodass ich eventuelle Hörschäden
mit davongetragen hatte, stürmte ich als erste aus dem Klassenzimmer
und wäre fast mit irgendjemand zusammen gestoßen, der meinte mir
meinen Fluchtweg zu versperren!
Ich wollte gerade zu
der üblichen Entschuldigung antreten, als er einfach an mir vorbei
lief ohne auch nur einen Blick für mich übrig gelassen zu haben
(okay ich hatte auch keinen für ihn übrig, aber man musste trotzdem
nicht unhöflich sein)! Diese Begegnung erinnerte mich stark an
diesen kitschigen Liebesfilmen, die ich des öfteren mit meiner
Freundin Natascha ansah, um uns über die Missverständnisse zweier
Leute lustig zumachen!
Man rempelt sich,
unerwartet auf den Schulflur, gegen jemanden an und tut so als wäre
nichts geschehen, aber als es zum zweiten, dritten und vierten mal
passiert merkt man: Mit was für einem Blödmann da zusammen gestoßen
ist, der nicht kapierte, wie man sich zu benehmen hatte!
Den Nachhauseweg,
ging ich ganz besonders vorsichtig an! Jeden Moment erwartete ich,
dass ein Lkw mich auf der Straße überrollen könnte oder ob jemand
aus dem Schatten sprang und mich entführte! Doch nichts dergleichen
geschah mein Nachhauseweg war still und menschenleer. Die Bäume und
Büsche wehten mit dem Wind um die Wette und die Straße lag
verlassen da, ein paar Autos parkten am Straßenrand, aber sonst war
nichts zusehen, im Hintergrund lagen wenige Häuser und ich vernahm
das Zwitschern der Vögel leise, aber doch durch dringlich. Das war
Nachteil und Vorteil zugleich an meinen Nachhause- und Schulweg!
Vorteil war, dass mein Vater und ich eher abseits von der Stadt
wohnten. So hatten wir unsere ruhe vor Nachbarn oder vorbei sausende
Autos, die die Umwelt verschmutzten.
Nachteil war, man
fühlte sich des öfteren einsam, wenn man den Schulweg alleine
bestritt. Außerdem musste ich zu meiner Freundin gefahren werden
oder ich fuhr mit dem Fahrrad, aber da ich etwas faul war mit dem
Fahrrad zu fahren, schaffte ich es doch immer wieder, meinen Vater zu
überreden, dass er mich doch bitte zu Natascha fahren könne.
Nach einer gefühlten
Ewigkeit, gelangte ich dann doch noch unversehrt und etwas außer
Atem (die letzten hundert Meter war ich gerannt), nach hause!
Ich ging, gleich als
ich die Schwelle zu mein Heim überschritt, die Treppen hinauf in
mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir ab (man konnte ja nie
wissen, wann Paps hereinplatzte ohne Vorwarnung) und lies mich samt
Schuhe auf mein Bett fallen. Ohne, dass ich es wollte fasste ich an
meinem Hals und strich mit den Fingerkuppen vorsichtig, als hätte
ich angst es kaputt zu machen, um den Anhänger.
Heute vor zwölf
Jahren ist Mutter gestorben und wie so oft fragte ich mich, an was
sie gestorben ist. Die Ärzte waren ratlos, über ihren Tod und
hatten uns gesagt, sie wissen nicht wie das passieren konnte! Wieder
ließ ich die letzten Worte meiner Mutter durch meinen Kopf gehen:
Sion digor de lase!, und wieder fragte ich mich, was das
bedeuten sollte.
Ich hatte schon
alles versucht um das herauszufinden, habe meinen Vater gefragt, der
gedachte hatte, ich hätte alles geträumt! Ich Hatte diesen Satz
gegoogelt, aber niemand wusste was das bedeuten sollte!
>> Sharon, da
ist jemand für dich!<<, mein Dad hämmerte gegen die Tür und
es dauerte eine weile, bis ich merkte, dass er mich angesprochen
hatte. Wortlos stand ich vom Bett auf und marschierte zur Tür. Kaum
hatte ich sie geöffnet, wurde ich in einer heftigen Umarmung
gefangen gehalten und es hätte nicht mehr viel gefehlt, wäre
zerdrückt!
>> Sharon, ich
wünsche dir alles gute zum Geburtstag!<<, flüsterte mir sie
ins Ohr und löste sich aus unserer schmerzvollen Umarmung! Jetzt
konnte ich auch endlich sehen wer mich da zerquetscht hatte! Das
Erste, was ich erblickte, waren die seidig langen braunen Haare, die
Katzen grüne Augen und der schmale Mund! Es war niemand anderes als
meine Freundin Natascha! >> Du dachtest wohl, ich hätte deinen
Geburtstag vergessen was?<<, fragte sie mich und ich wusste
keine Antwort darauf. Natürlich hatte ich gedacht, sie hätte meinen
Geburtstag vergessen, wir feierten nie meinen Geburtstag.
>> Ich lasse
euch dann mal allein!<<, sagte mein Vater und trat den Rückzug
an.
>> Also gut
ich habe viel mit dir vor heute! Und wehe du machst nicht mit, ich
habe daran die ganze Nacht geplant!<<, bombardierte mich meine
Freundin und sah fast ein wenig traurig aus, als ich eine ablehnende
Haltung einnahm. >> Ach komm schon, das wird bestimmt
lustig!<<, versuchte sie mich mit beleidigte Miene um zu
stimmen. Schließlich willigte ich ein und Natascha sprang aufgeregt
auf meinen Bett. Ich hinter her.
>> Also ich
dachte, wir gehen heute shoppen bis zum umfallen!<< Ich war
nicht gerade ein Fan vom Shoppen, hielt das lieber für mich. Es war
so lieb von meiner Freundin etwas für mich zu planen, so etwas
hatten wir noch nie gemacht. >> Ach ja!<<, Natascha
klatschte sich mit der Handfläche an die Stirn. Dann holte sie aus
ihrer Jackentasche (eine rote Sommerjacke) ein großes, verpacktes,
eckiges Rechteck und überreichte es mir. >> ich weiß, dass du
keine Geschenke willst uns so was, aber ich konnte nicht anders! Was
wäre ich denn sonst für eine Freundin?<< Eine Freundin, die
die Wünsche ihrer Freundin beachtete, dachte ich sagte, aber: >>
Aber das wäre doch nicht nötig gewesen!<<, anscheinend die
richtige Antwort denn Natascha wusste sofort eine passende
Gegenantwort darauf: >> Ach Pack es doch einfach aus!<<
Gesagt getan!
>> Oh. .Ich.
.Du . . wie?<<, fragte ich durcheinander. In der Hand hielt ich
ein signiertes Buch von meiner Lieblingsautorin Stephenie Meyer. Ich
hätte schreien können, so glücklich war ich! >> Gefällt´s
dir?<< Natascha sah mich strahlend an. >> Ob es mir
gefällt? Machst du Witze? Das ist das beste Geschenk, dass ich je
hatte!<<
>> Gut, denn
dieses Autogramm war nicht leicht zu bekommen!<< Das glaubte
ich!
>> Mein Gott,
ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll!<<, sagte ich.
>> Ich weiß
wie! Du gehst jetzt mit mir: Shoppen!<<, sagte Natascha
und lächelte mich glücklich an! Ja ich war glücklich in diesem
Moment hatte ich alles vergessen, meine Mutter, dass ich womöglich
von einen verrückten verfolgt wurde und, dass dieser komische
Schatten mich gerettet hatte! Das ein zigste, was in diesem Moment
zählte, war ich und meine beste Freundin!
Ich strahlte
Natascha ebenfalls an und hatte keine Ahnung, dass meine gute Laune
sich bald verflüchtigen würde!
Wir hatten mein
Haus verlassen und machten uns auf dem Weg zum nächst besten
Shoppingcenter. Natascha quatschte mich mit unnützen Zeug voll,
während ich nur stumm mit dem Kopf nickte.
Ich fühlte mich
mehr als nur unwohl, an jeder Straßenecke blieb ich stehen, weil ich
angst hatte, es könne jeden Moment ein Auto auf uns zurasen und uns
zerquetschen!
>>Hallo Sharon
hörst du mir zu?<<, fragte mich Natascha, als ich zum
gefühlten zwanzigsten mal stehen blieb und mich in allen Richtungen
umsah. >> Ja, ja ich höre dir
zu!<<, sagte
ich schnell, >> rede weiter!<< Natascha sah mich Stirn
runzelnd an, dann als wäre nichts gewesen schwafelte sie weiter. >>
Ach ja, was ich dir noch sagen wollte. .!<<, fing sie gerade
an, als sie von einem Geräusch abrupt abbrach. Dieses Geräusch
hätte ich überall wieder erkannt! Ich hoffte inständig, ich würde
mich täuschen, doch leider nicht! Langsam hob ich den Kopf in die
Richtung, von wo das Geräusch kam und, das was ich sah, bestätigte
meine Vermutung. Es war der Lkw, genau dieser, der mich auch schon
heute Morgen platt fahren wollte! War das wirklich alles erst heute
Morgen passiert? Unfassbar, ich hatte an einem Tag mehr erlebt, als
in zwei Tagen! Dieses mal wartete ich aber nicht erst ab, bis er uns
überfahren hatte! Ich weiß nicht, was mich dazu getrieben hatte,
aber ohne groß nach zu denken, nahm ich Natascha, die übrigens mit
Schreck geweiteten Augen vor sich hin starrte, bei Hand und rannte
mit ihr auf die andere Straßenseite. Leider reichte es nicht mehr
bis zur anderen Straßenseitige, das Auto war einfach zu schnell!
Ich musste mir was überlegen und zwar schnell! Es gaben zwei Ideen
die mir in den Sinn kamen! Die eine war selbstsüchtig und wollte nur
sich lebst retten, während die andere nur eines wollte, das Leben
einer Freundin zu reden!
Und dann wusste ich
was zu tun war! Ich tat etwas, was ich nie gedacht hatte zu tun! Es
war wohl mit Abstand das Selbst loseste, das je ein Mensch getan
hatte! Der Abstand von uns und dem Lkw Betrag nur noch 100 Meter und
jetzt hieß es handeln! Mit entschlossener Miene schubste ich
Natascha zum Gehweg, der nur noch wenige Meter entfernt war! Natascha
fiel dabei zu Boden und hatte dadurch blutige Knie bekommen, aber das
war besser als zu sterben! Meine Freundin sah als erstes verwundert
aus, als ich sie einfach so von mir gestoßen hatte, aber als sie
verstanden hatte, was ich getan hatte weiteten sich ihre Augen und
ein stummes >>Nein!<<, entfuhr ihren Lippen! Ich
wusste, dass sie dachte, warum ich dies getan hatte, warum ich nicht
mich selber gerettet hatte und sie liegen ließ, aber das hätte ich
nicht tun können! Ich hätte nicht mit ansehen können wie meine
beste Freundin starb und ich heile war! Und vielleicht dachte das
auch Natascha, aber sie würde es eines Tages verstehen und wer weiß
vielleicht würde ich es überleben?
Letzteres glaubte
ich zwar nicht, aber ich wollte doch noch etwas Hoffnung in mir
haben, bevor es aus war!
Ich sah noch ein mal
Nataschas entsetztes Gesicht an, bevor der Lkw mich überfahren
konnte! Ich wollte noch ein letztes mal das Gesicht von einer, die
ich liebte sehen, bevor ich starb! Ich wollte nicht dem Lkw in die
Augen sehen, sondern noch einen Menschen sehen, der mir etwas auf
dieser Welt bedeutet hat! Dann schloss ich die Augen und wartete auf
den Zusammenstoß zwischen mir und dem Auto! Das letzte was ich hörte
war ein lauter Knall und ein entsetzter Schrei, dann wurde alles
Schwarz.
3.
Viele Leute
behaupteten, als sie starben und wenig später wieder unter die
lebenden kamen, dass wenn man stirbt, man nicht mehr sah, fühlte,
hörte und dachte! Doch ich hielt das für dummes Geschwätz! Das mit
dem fühlen mag ja sein, ich fühlte nämlich rein gar nichts! Das
mit dem Hören und dem sehen stimmte ebenfalls, aber das mit dem
denken stimmte nicht, denn mir schossen tausende von Gedanken durch
den Kopf, sodass ich schon Kopfschmerzen bekam, also war ich wieder
beim Anfang, dass es nicht stimmte, dass man nicht fühlte! Ich fand
das alles ziemlich verwirrend! Also konzentrierte ich mich lieber
darauf, was ich für Erfahrungen machte mit dem tot sein!
Meine Augen waren
geschlossen, so fühlte es sich jedenfalls an, und wenn ich versuchte
sie zu öffnen passierte nichts! Dann stimmte es schon einmal, dass
man nicht sehen kann wenn man starb!
Hören konnte ich
ebenfalls nichts, also stimmte auch diese Aussage!
Fühlen konnte ich!
Ich fühlte mich verletzlich, schwach, einsam und . . . Nackt! Ich
versuchte irgendetwas an meinem Körper zu bewegen, aber nichts! Es
war so, als hätte mich jemand gelähmt! Ich seufzte oder eher wollte
seufzten, aber kein Ton kein Mucks kam über meine Lippen! Ob ich
welche besaß wusste ich nicht, genauso wenig, ob ich überhaupt
einen Körper besaß! Toll und was jetzt?, na wenigstens
konnte ich noch denken, das war ja schon mal was positives! Ich
wusste nicht wie lange ich in dieser Situation war, aber je länger
ich nichts als denken konnte, desto mehr Fragen häuften sich in mir
auf. Wo bin ich? Bin ich wirklich tot? Oder bin ich nur im Koma?
Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein! Oder man hat mich statt
im Himmel in die Hölle geschickt! Habe ich es vielleicht nicht
verdient in dem Himmel zu landen? Oder ist das alles hier nur ein
ganz großes Missverständnis? Je mehr Fragen ich mir stellte,
desto mehr verwirrender wurden sie!
Also beschloss ich
einfach gar nichts zu denken! Nichts denken, Sharon! Du darfst
nichts denken!, versuchte ich mich zum nicht denken zu bewegen!
Mit nicht geraden großen Erfolg! Denn je weniger ich denken wollte,
umso mehr dachte ich!
Schließlich kehrten
meine Gedanken wider zum Anfang! Weiß man Vater, dass ich tot
bin? Und hat jetzt Natascha Psychische Probleme? Vielleicht hat sie
mich auch schon vergessen! Vielleicht bin ich schon zwanzig Jahre
tot, anstatt gefühlte fünf Minuten! In den Filmen, die ich
immer ansah, wurde gezeigt, wie die tote Mutter zu ihre tote Tochter
kam und ihr sagte, wie lieb sie die Tochter doch hat! Okay, ich hatte
noch nie so einen Film gesehen, aber ich hatte es mir manchmal immer
gewünscht! Ich konnte mich an meiner Mutter nicht erinnern, an das
ein zigste, an, dass ich mich erinnern konnte war dieser komische
Satz! Sion digor de lase! Was das auch immer bedeuten sollte!
Mein Vater hatte mir mal erzählt ich sei vom Aussehen und dem
Charakter genau wie sie! Ich wusste nicht ob er es nur gesagt hatte,
um mich zu beruhigen, wenn ich mich nach meiner Mutter sehnte oder ob
es der Wahrheit entsprach! Und plötzlich als hätte es klick!,
gemacht wusste ich nichts mehr! Nicht mehr wie ich hieß, wer ich
war, wo ich war, es war, als wäre ich in einer Art Bewusstlosigkeit
gelandet, in der ich nicht mehr herauskommen sollte!
Schöön :)
AntwortenLöschenAber auch traurig :'(
Ich mag deinen Schreibstil echt gerne :))
danke danke danke danke danke danke adanke danke danke danke danke!!!!!!!
AntwortenLöschen<33333333333
Schön!
AntwortenLöschenWas heißt sion digor de lassa denn nun? *wissen will*